Vor dem Hintergrund fehlender Lehrkräfte in den MINT-Fächern wurde 2010 auf Initiative der MINT-Fachdidaktiker*innen der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und mit Unterstützung der Deutsche Telekom Stiftung das Humboldt-ProMINT-Kolleg gegründet. Ein zentrales Anliegen des Kollegs ist es seitdem, die MINT-Lehrkräftebildung inhaltlich und strukturell als eines der zentralen Tätigkeitsfelder an der HU auf- und auszubauen.
Vierzehn Jahre nach seiner Gründung gehört das Humboldt-ProMINT-Kolleg zu den wichtigsten und mit einem Drittmittelvolumen von ca. 2,7 Millionen Euro auch zu den erfolgreichsten Projekten der Lehrkräftebildung an der HU.
Seitdem stellen die Mitglieder des Kollegs den Forschungsbereich „Prozesse wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung in der MINT-Lehrkräftebildung“ mit folgenden Schwerpunkten:
Das übergeordnete Ziel des Interdisziplinären Zentrums ist die exzellente Erforschung von Prozessen der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung in der MINT-Lehrkräftebildung der Humboldt-Universität zu Berlin. Dabei werden folgende inhaltliche Schwerpunkte gesetzt:
Das Interdisziplinäre Zentrum Humboldt-ProMINT-Kolleg arbeitet domänenspezifisch (MINT), zielgruppenspezifisch (Lehrkräftebildung) sowie innovations- und transferorientiert (Schule/Wirtschaft/Gesellschaft) und stellt mit seiner internationalen Ausrichtung die Anschlussfähigkeit einer modernen Lehrkräftebildung an weltweite fachdidaktische Entwicklungen in derMINT-Bildung sicher.
„Aus der Schule, für die Schule, in die Schule“ ist noch oft die typische Lernbiografie von angehenden Lehrkräften, die ungenutztes Potenzial für ihre berufliche Entwicklung durch einen „Blick über den Tellerrand“ verstreichen lassen. Die jedoch zunehmend komplexen Herausforderungen an eine Gesellschaft von morgen haben sowohl auf internationaler Ebene (z. B. „Life long learning skills“ oder „21st Century Skills“) als auch nationaler Ebene (z. B. „Bildungsstandards“) zur normativen Ausdifferenzierung zentraler Fähigkeiten und Fertigkeiten geführt. Durch die föderale Organisation der Lehrkräfteausbildung in der Bundesrepublik führt dies aber nur selten auch zu einem übergeordneten Perspektivwechsel, wodurch für die eigene Professionsentwicklung angehender Lehrkräfte eine große Chance zur Weiterentwicklung vertan wird: wer z. B. den Chemieunterricht in Schweden nicht mit dem in Berlin verglichen hat, wird nicht den besonderen Stellenwert des Problemverständnisses im skandinavischen Unterricht und den der analytischen Auswertung in Berliner Chemiestunden erkennen und den Lehr- und Lernwert beider für seinen eigenen Unterricht nutzen können. Was für die Studierenden im Lehramt selbst gilt, trifft natürlich auch auf die in der Lehrkräfteausbildung Tätigen zu: sie müssen verschiedene Systeme kennengelernt haben, mit Fachdidaktikerinnen verschiedener Länder diskutiert und mit Forscherinnen weltweit ihre Ideen und Visionen ausgetauscht haben, um letztlich vor Ort an der HU im Sinne Wilhelm von Humboldts eine ganzheitliche Lehrkräftebildung umsetzen zu können.
Die Errungenschaften der Naturwissenschaften und der Mathematik prägen wie kaum andere Wissenschaften den Alltag der meisten Menschen. Innovative Materialien, Katalysatoren oder Algorithmen aus den Forschungslaboren finden nahezu täglich Eingang in Produkte und Anwendungen, die zuvor undenkbar erschienen. Ein Verständnis für diese schnelllebigen Veränderungen und das notwendige Fachwissen zum adäquaten Umgang, aber auch die Bewertung derselben zu vermitteln, ist im Sinne einer naturwissenschaftlichen Grundbildung Auftrag der Schule. Damit wirken die Innovationen in den Naturwissenschaften und der Mathematik unmittelbar und häufig auf die Inhalte der Lehrpläne. Diese wiederum transferieren die Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung über die Fachdidaktiken und die Schulbildung in die Gesellschaft, wodurch eine strukturelle Nähe und Vernetzung von Fachwissenschaft und Fachdidaktik unabdingbar wird.
Am Standort Adlershof existieren bereits strategische Strukturen und Expertisen, die für eine Systematisierung des außerschulischen Angebots genutzt werden können. Dieses reicht von Schülerpraktika, Schülerlabor-Besuchen, Besuchen von Forschungsinstituten bis zum Girls` Day, der Langen Nacht der Wissenschaften oder Wettbewerben, wie dem „Känguru-Wettbewerb“ oder „Jugend forscht“. Alle Angebote haben das gleiche Ziel: Jugendliche für die MINT-Fächer bzw. MINT-Berufe zu begeistern und langfristig MINT-Fachkräfte zu gewinnen. Dies geschieht ambitioniert, aber in der Regel unkoordiniert, isoliert und auf Einzelaktionen begrenzt. Ziel im Bereich der Third Mission des Interdisziplinären Zentrums Humboldt-ProMINT-Kolleg ist daher die Bündelung, Systematisierung, Strukturierung und langfristige Sicherstellung der außerschulischen MINT-Angebote für Jugendliche.
Der nationale Entwicklungsverbund „Schülerlabore als Lehr-Lern-Labore“,den das Humboldt-ProMINT-Kolleg zusammen mit der Freien Universität von 2014 bis 2018 koordinierte, widmete sich gemeinsam mit den Universitäten in Kiel, Koblenz-Landau, Münster und Oldenburg der Frage, inwiefern Hochschulen ihreSchülerlabore zu Lehr-Lern-Laboren weiterentwickeln und curricular in die MINT-Lehrerbildung einbetten können. Ziel war es, Studierenden des Lehramtsfrühzeitig und wiederholt reflektierte Erfahrungen im praktischen Unterrichten zu ermöglichen und so das Schulpraktikum durch zusätzliche Möglichkeiten zu ergänzen.
Seit 2014 unterhält das Humboldt-ProMINT-Kolleg das interdisziplinäre strukturierte Promotionsprogramm ProMINTion unter Beteiligung nationaler und internationaler MINT-Fachdidaktiken- und Fachwissenschaften. Es ermöglicht denTeilnehmer*innen einen Forschungsaufenthalt bei internationalen Partner*innen und damit den Aufbau von internationalen Netzwerken, die wiederum zur Förderung internationaler Publikationen führen. Die Vorarbeiten der vergangenen Jahre ermöglichen die systematische Vernetzung internationaler Kooperationen imRahmen des strukturierten Programms. Die Konzeption der Graduiertenschule ProMINTion fokussiert im Wesentlichen auf die Qualifizierung in den MINT-Fächern an der Schnittstelle zwischen Fachwissenschaft und Fachdidaktik und die Internationalisierung der MINT-Fachdidaktiken.